Wohnqualität in allen Lebensphasen

Wohnqualität in allen Lebensphasen

Wohnqualität in allen Lebensphasen ist nur möglich, wenn das Haus sich den verändernden Bedürfnissen anpassen kann.

Beim Bauen stehen wir vor der großen Herausforderung, eigentlich nicht für die Gegenwart, sondern für die Zukunft zu planen. Planen bedeutet ja die Vorwegnahme von Handlungsschritten zur Erreichung eines Zieles. Wenn unser Ziel ist, hohe Wohn- und Lebensqualität zu erreichen, dann macht es Sinn, über spätere Lebensphasen nachzudenken. Auch wenn wir als junge Familien ein Einfamilienhaus errichten wollen, werden wir die meiste Zeit unseres Lebens hier ohne Kinder leben. Dies wird häufig als Argument dafür gesehen, auf die Bedürfnisse der Kinder keine oder wenig Rücksicht zu nehmen. Davor würde ich jedoch abraten, weil die Zeit mit den Kindern der Engpass im Lebenszyklus des Wohnens ist. In dieser Zeit entstehen die meisten Wohnkonflikte und wirken sich schlechte Grundrisse am gravierendsten aus.

Also beginnen wir mit der Phase der jungen und wachsenden Familie, in der meist auch die Eigenheimerrichtung passiert.

Familie mit kleinen Kindern

Familien mit kleinen Kindern brauchen einen Familienraum, in dem sich das aktive Familienleben, das Kochen und Essen, das Spielen, die Geselligkeit, das Zusammensein und auch die Hausarbeit abspielen können. Die Kinderaufsicht soll mit der Hausarbeit einfach zu verbinden sein. Gleichzeitig ist es wichtig, Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen, damit zur selben Zeit die Kinder aktiv spielen können und doch ein Elternteil abschalten kann. Daher hat sich für Familien mit kleinen Kindern bewährt, den Gemeinschaftsbereich von Kochen – Essen – Wohnen in zwei Räume aufzuteilen, nämlich ein aktives Familienzentrum (Kochen, Essen, Beisammensein, Spielen usw.) und einen passiven Rückzugsbereich, also das Wohnzimmer. Dies steht entgegen dem Trend des offenen Bauens, trifft jedoch die Alltagsbedürfnisse junger Familien exakt.

Der Schlafplatz für kleine Kinder soll Geborgenheit und Sicherheit vermitteln. Auch hier gilt es Fehler zu vermeiden. Eine Schlafnische zu machen hat für Kinder eine hohe Qualität, denn Sicherheit entsteht durch Grenzen. Räumliche Grenzen sind die Grundvoraussetzung um Geborgenheit empfinden zu können. Daher meine Empfehlung: Durch eine Nische und eine niedere Decke kann eine optimale Schlafhöhle für Kinder entstehen. Materialien wie Holz oder Textilien bringen dann noch die nötige Weichheit mit, die das Geborgenheitsempfinden stärken.

Ein aktives Familienzentrum und geschützte Schlafplätze sind also zwei wesentliche Aspekte, damit junge Familien harmonisch zusammen leben können.

Familien mit Jugendlichen

Jugendliche haben im Vergleich zu kleinen Kindern beinahe konträre Bedürfnisse, sie brauchen Distanz und Selbstbestimmung. Wenn die Raumanordnung des Jugendzimmers diese Autonomie fördert, ist das Familienleben stark entlastet. Es sollte möglich sein, gewisse Freiheiten im Kommen und Gehen einzuräumen. Also ist eine Anordnung des Jugendzimmers in Eingangsnähe optimal. Um der natürlichen Entwicklung – von Nähe und Geborgenheit hin zu Autonomie und größerer Distanz – entsprechen zu können, empfehle ich bei der Grundrissgestaltung, dass alle Zimmer mehrfach genutzt werden können. Dies ist meist möglich, wenn alle Zimmer mindesten 14 m2 groß und auch von den anderen Parametern (z.B. Sonnenlicht) in etwa gleichwertig sind .

Nach dem Auszug der Kinder

Nachdem die Kinder ihre eigene Wohnung gefunden haben, gilt es für das Paar den eigenen Lebensraum neu zu gestalten. Wenn bereits bei der Planung bedacht wird, wie dieser Raum dann genutzt werden könnte, kann man sich viel Umbauarbeit ersparen. Die häufig leerstehenden ehemaligen Kinderzimmer, können zwar in der Übergangsphase des ‚Selbstständig Werdens‘ der Kinder noch als Rückhalt dienen, wenn die Kinder zwischenzeitlich wieder mal Zuhause wohnen. Irgendwann stellt sich jedoch die Frage der Nutzung und der Wohnungsgröße für das Elternpaar. Es ist nicht wirklich optimal, Räume pflegen zu müssen, für die es keine Verwendung gibt. Besonders im höheren Alter wird der Erhaltungsaufwand zum Problem, womit wir bei der nächsten Phase sind.

Wohnen im Alter

Im Alter ist ein möglicher Pflegebedarf zu berücksichtigen. Also braucht es eine Wohnmöglichkeit für eine ev. Pflegeperson. Hier könnte ein zu groß geratenes Haus wieder seinen Nutzen bieten.

Neben barrierefreier Raumgestaltung sind auch andere Dinge zu bedenken, wie etwa die Teilbarkeit der Wohnung, die Ebenerdigkeit einer dieser Wohneinheiten und die Nutzung der geteilten Wohnungen. Sollen mehrere Generationen zusammen leben, so ist unbedingt auf getrennte Eingänge und Privatheit beider Haushalte zu achten.

Lebensphasengerechte Planung

Will man für alle Lebensphasen familiengerecht planen und bauen, so ist es notwendig, diese verschiedenen Nutzungsvarianten zu durchdenken. Dies zeichnet nachhaltige und wertvolle Planung aus. Konkret bedeutet dies, keine wesentlichen Bedürfnisse wichtiger Lebensphasen zu übersehen und die notwendige Flexibilität der Nutzung zu gewährleisten. Diese beiden Punkte wollen wir hier nochmals zusammenfassen und konkretisieren.

Zentrale Wohnbedürfnisse in den Lebensphasen

Wie oben bereits beschrieben, verändern sich die zentralen Wohnbedürfnisse im Laufe eines Lebens gravierend und manchmal auch sehr schnell. So kann es sein, dass zwischen der Planungsphase und dem Einzug bereits wesentliche Veränderungen passiert sind. Daher finden Sie hier eine übersichtliche Zusammenstellung der gravierendsten Veränderungen von Bedürfnissen in der Entwicklung von Familien:

  • Säuglinge und kleine Kinder brauchen sehr viel Schutz und Geborgenheit. Reizüberflutungen wirken sich hier am gravierendsten aus.
  • Vorschulkinder brauchen viele Anregungen und Möglichkeiten für die Entfaltung. Gleichzeitig brauchen sie Sicherheit durch die Anwesenheit der Eltern.
  • Schulkinder brauchen neben der Möglichkeit mit anderen Kindern spielen zu können, auch einen Platz für das Hausübung machen. Dies wollen fast alle Kinder im Grundschulalter in der Nähe der Eltern, also am Familientisch und erst später (ca. mit 10 Jahren) im eigenen Zimmer.
  • Auch das Bedürfnis nach dem eigenen Zimmer entsteht meist erst im Schulalter zwischen 8 und 10 Jahren. Vorher ist es durchaus eine vernünftige Variante, zwei oder mehrere Kinder in einem Raum schlafen zu lassen.
  • Als Jugendliche entwickelt sich der Wunsch nach Entfaltung, hin zu einem Wunsch nach Distanz zu den Eltern, der in den Prozess der Ablöse von den Eltern mündet. Hier ist die Nähe des Jugendzimmers zum Elternschlafzimmer problematisch.
  • Betrachtet man die Bedürfnisse der Eltern, so ist es wichtig, Kinderaufsicht und Hausarbeit gut verbinden zu können.
  • Gleichzeitig brauchen die meisten Elternteile Rückzugsmöglichkeiten um nicht dauernd verfügbar sein zu müssen.

Zu allen diesen Themen gibt es viel zu sagen, so dass uns für künftige Artikel nicht der Stoff ausgehen wird. Heute wollen wir einen knappen Überblick bieten und mit einigen Empfehlungen für die konkrete Planung schließen.

Planungsempfehlungen für Wohnqualität in allen Lebensphasen

  • Um die Bedürfnisse von Eltern und Kindern verbinden zu können, ist es vorteilhaft, den Gemeinschaftsbereich (Kochen – Essen – Wohnen) nicht offen zu gestalten, sondern mit zwei Räumen, nämlich dem Familienzentrum und dem ruhigen Wohnzimmer
  • Die Individualräume sollten gleichwertig sein, um eine Umnutzung vornehmen zu können
  • Die geplanten Kinderzimmer sollten auch ermöglichen, dass zwei Kinder in einem Raum schlafen
  • Um den Bedürfnissen der Eltern nach Auszug der Kinder gerecht zu werden, ist es sinnvoll, das Haus in zwei Wohnungen teilen zu können

Im Arbeitsblatt „Wohnraum – Lebensraum – Entwicklungsraum“ finden Sie einen Überblick zu den hier vorgestellten Themen.

 

 

Wohnen macht gesund – wenn man weiß wie

Wohnen macht gesund – wenn man weiß wie

Wohnen macht gesund oder auch krank

Diese provokante Aussage lässt sich so erklären: Alles was uns umgibt, beeinflusst unser Wohlbefinden. Wissenschaftler haben bemerkenswerte Zusammenhänge zwischen unserer Umgebung und unserer Gesundheit entdeckt. Es gibt eine Reihe von gesundmachenden Merkmalen unserer Wohnung und Wohnumgebung, die wir bewusst gestalten können.

Dafür wollen wir unseren Blick schärfen. Dies fällt leichter, wenn wir zunächst einige Grundprinzipien von Gesundheit beschreiben. Dann können wir  genauer auf unsere Umgebung schauen – mit der Frage, ob diese nun gesundheitsförderlich ist oder nicht. Hier nun diese Grundprinzipien des gesunden Wohnens:

Gesund ist das, was unserer Natur entspricht

Ich betreibe hier keine verklärte Naturromantik, sondern beziehe mich auf „harte“ wissenschaftliche Fakten. Natur ist die Umgebung, in der wir als Mensch über -zig Jahrtausende gelebt haben, und das, woran wir uns angepasst haben. Es ist diese Natur, die uns das Überleben gesichert hat. Aktuelle Forschungen legen nahe, dass unser natürliches Umfeld auf unseren Körper und auf unsere Psyche äußerst stresslindernd, erholsam und gesund wirkt. Die Inhaltsstoffe der Waldluft etwa, stärken unser Immunsystem dermaßen, dass dies auch nach 30 Tagen noch im Blut nachweisbar ist.

Andere Studien belegen, dass allein der Blick auf Bäume unsere Selbstheilungskräfte stärken und dies auch dann der Fall ist, wenn wir Bilder der Natur betrachten. Diese Zusammenhänge ergeben für unser Wohnen zahlreiche neue Möglichkeiten. Das Ausmaß dieser immunstärkenden Reaktion des Körpers hängt von bestimmten Merkmalen ab, die man kennen sollte, damit man die beste Wirkung erzielen kann.

 Idyllic summer landscape with mountain lake and Alps Bilder von Landschaften wirken dann erholsam, wenn sie Weite vermitteln, wenn wichtige Ressourcen wie z.B. Wasser zu sehen ist, und wenn weiche Texturen vorherrschen. Diese Aspekte sind bei diesem Bild deutlich gegeben. Außerdem entsteht durch den Berg und die Spiegelung eine gewisse Faszination in der Betrachtung, die wiederum erholsam wirkt.
 Tropfen Detailaufnahmen können keine Weite vermitteln. Daher ist es hier notwendig, durch ungewöhnliche Perspektiven eine gewisse Faszination zu erreichen. Dann können solche Bilder auch eine stark erholsame Wirkung haben.

Bildern wirken dann gesundheitsfördernd, wenn sie etwas symbolisieren, wo wir uns als natürliche Wesen wiedererkennen und gespiegelt sehen. Bilder von Natur sind nicht per se gesundheitsfördernd, sie sollten  beschützend und lebensfördernd auf uns wirken. Dies wirkt dann auf unser Nervensystem beruhigend und stärkend.

Wir brauchen eine physische Umgebung, die unserem Körper entspricht, also eine natürliche Umgebung. Diese wirkt jedoch nicht nur körperlich, sondern auch psychisch. Eine natürliche Umgebung bewirkt in uns angenehme Emotionen, die gleichsam die Nahrung für unsere Psyche darstellen.

Wohnen macht gesund, wenn wir in einer möglichst natürlichen und naturnahen Umgebung leben, oder die Wohnung naturnahe gestalten

Gesund ist das, was Erholung ermöglicht

Leben ist eine Abfolge von Spannung und Entspannung. Fehlt eines der beiden, geraten wir aus der Balance. Das Wohnen hat üblicherweise die Funktion der Entspannung. Herausforderungen und Anspannung erleben wir eher im Beruf oder Hobbys, die wir nicht zuhause ausüben. Sollten Sie Ihr Büro im eigenen Wohnhaus oder in der Wohnung integriert haben, dann stehen Sie vor der Herausforderung, diese beiden Aspekte in räumlicher Nähe zu verknüpfen.

Sehen wir unsere Wohnung also als den Ort der Entspannung, dann ist es wichtig gezielt Plätze zu schaffen, die Erholung und Regeneration ermöglichen. Gelingt dies nicht, so geraten wir in Gefahr, in der Anspannung und im permanenten Leistungsdruck stecken zu bleiben. Dies sind die Grundlagen für Überforderungszustände und in Folge dann auch für Burn Out. Dieses Krankheitsbild wird leider vielfach rein mit der Arbeitssituation in Zusammenhang gebracht. Die Wohnsituation also Ort der Erholung oder aber der Stressbelastung spielt dabei oft eine Schlüsselrolle.

Sehr förderlich kann es dabei sein, sich individuelle Entspannungs- Erholungs- und Regenerationsplätze einzurichten. Um diesen Platz den individuellen Bedürfnissen anzupassen, können Sie sich folgende Fragen stellen:

  • Bei welcher Tätigkeit kann ich mich gut entspannen?
  • Welche Körperposition nehme ich dabei idealerweise ein?
  • Welches Sitz- oder Liegemöbel ermöglicht diese Körperposition am besten?
  • Wo in der Wohnung ist es möglich einen solchen Platz zu schaffen?
  • Wieviel Nähe oder Distanz zu meinen Mitbewohnern brauche ich für diesen Platz?
  • Welche Farben, Materialien usw. dienen meiner Entspannung

Dies sind nur einige Fragen, die als Grundlage für die Gestaltung eines individuellen Erholungsplatzes dienen.

Wohnen macht gesund, wenn wir Plätze der Erholung schaffen, und diese individuell gestalten

Gesund ist es, mit Menschen in Kontakt zu sein

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Diese kurze und prägnante Aussage wurde kürzlich von der amerikanischen Psychologin Susan Pinker eindrucksvoll bestätigt. Sie hat sich die Frage gestellt, durch welche Einflussfaktoren  Menschen deutlich älter als der Durchschnitt werden. Um dies zu beantworten hat sie sizilianische Dörfer besucht, von denen bekannt ist, dass die Menschen hier ein sehr hohes Alter erreichen.

Durch Ihre Forschung und Beobachtung hat sie festgestellt, dass dafür nur ein Faktor in Frage kommt, nämlich die Tatsache, dass diese Menschen in ständigem sozialen Kontakt miteinander standen. Die familiäre und freundschaftliche Fürsorge war sehr hoch. Das Leben spielt sich hier in einer Dorfstruktur ab, wo Jeder Jeden kennt und auch unterstützt. Dies geht über die Kernfamilie deutlich hinaus. Sie hat dann auch festgestellt, dass diese häufigen menschlichen Kontakte mit Hormonausschüttungen einhergehen, die den Körper laufend stärken.

Soziale Kontakte wirken sich also direkt auf das Immunsystem und unsere Gesundheit aus. Beziehen wir dies auf das Wohnen, dann bedeutet dies zweierlei: Zum einen ist es notwendig, Wohnungen und Häuser zu schaffen, die das Zusammenleben vereinfachen, wo also möglichst wenig Konflikte entstehen und die Kommunikation der Bewohner miteinander fördern. Darüber hinaus ist es jedoch auch wichtig, in einer Nachbarschaft eingebettet zu sein, die einer dörflichen Struktur gleichkommt, und wo diese häufigen Kontakte möglich sind. Gemeinschaftliche Wohnprojekte haben meist genau dies zum Ziel, nämlich einen freundschaftlichen Umgang mit den Nachbarn entstehen zu lassen.

Wohnen macht gesund, wenn wir kommunikationsfördernde Wohnungen und Siedlungen errichten

Gesund ist es, Dauerstress zu verhindern

Stressfaktoren des Wohnens haben eine spezielle Eigenart, sie wirken dauerhaft über einen längeren Zeitraum hinweg. Dieser dauerhafte Einfluss wirkt stärker auf unsere Gesundheit als einmalige Stressfaktoren, die dann wieder verarbeitet werden. Was sind also typische Wohnstresse, die es zu entschärfen gilt?

Wie bereits erwähnt sind natürliche Reize für den Menschen gesund. Wahrnehmungen aus der Natur sind zwar meist sehr komplex, und wirken gerade deshalb erholsam. Künstliche Umgebungen von dieser Reizintensität führen sehr schnell zu einer Reizüberflutung und damit zu Stress. Reizüberflutung entsteht auch durch Beengungssituationen, wenn also in einer Wohnung die wesentlichen Funktionen nicht gut getrennt werden können. Wenn Ihr Ruhebedürfnis laufend durch die Aktivitäten der Mitbewohner gestört wird haben wir eine solche Situation. Wenn Rückzugsbereiche und Gemeinschaftsbereiche in einer Wohnung zu sehr ineinander übergehen entstehen Konflikte und Beengungszustände, die uns als Dauerstress belasten.

Zu einem unterschwelligen Dauerstress kann auch zu viel Offenheit und zu wenig Blickschutz werden. Ebenso gilt es zu bedenken, dass eine falsche Farbgestaltung, Formgebung oder Materialwahl zu Wahrnehmungsstress führt, die wir erkennen und beseitigen sollten. Wir Menschen haben das Bedürfnis nach einer mittleren Komplexität in der Wahrnehmung. Wir wollen also weder überladene noch monotone Gestaltungen. Wohnstresse können sowohl physische Belastungen durch ein schlechtes Raumklima, als auch psychische Belastungen durch Beengung, Chaos oder unpassender Gestaltung sein.

Wohnen macht gesund, wenn wir Dauerstress vermeiden können

Gesund ist das, was uns Sicherheit, Schutz und Geborgenheit bietet

Wie bereits erwähnt brauchen wir Menschen Umgebungen, die unser Überleben sichern. In früheren Epochen der Menschheitsgeschichte war dies stets verknüpft mit dem Aspekt der Sicherheit und Geborgenheit. Also optimale Situation gilt es, wenn wir einen Überblick (über mögliche Gefahren) haben und gleichzeitig (von möglichen Angreifern) nicht gesehen werden. Dieses Bedürfnis war so essentiell für unser Überleben, dass es sich gleichsam in unsere Gene eingebrannt hat.

Je mehr das Bedürfnis nach Geborgenheit (sehen ohne gesehen zu werden) realisiert ist, umso mehr können wir uns entspannen. Daher ist es eine Grundvoraussetzung des gesunden Wohnens dieses Bedürfnis umzusetzen. Dies ist jedoch nicht an allen Plätzen des Wohnens gleichermaßen notwendig. Beim gemeinsamen Essen mit der Familie ist eine größere Offenheit möglich als an einem Platz der Ruhe und des Rückzugs. Gerade dieses essentielle Bedürfnis des Wohnens wird durch moderne Architektur häufig untergraben. Zu viel Glas, zu offene Räume usw. kann die Geborgenheitsqualität in unseren Wohnungen massiv stören.

Wohnen macht gesund, wenn wir uns hier sicher und geborgen fühlen können 

Gesund ist das, was unsere Entwicklung fördert

Langzeitstudien belegen, dass die Gesundheit im Erwachsenenalter sehr stark mit den Umständen des Aufwachsens zusammen hängen. So gilt als sicher, dass die Wahrscheinlichkeit an einer psychischen Erkrankung zu leiden stark davon abhängt, ob man als Kind viele verschiedene Spielgefährten hatte. Kinder die in kinderreichen Gegenden aufwuchsen werden im Erwachsenenalter seltener psychische Probleme bekommen. Dies ist bemerkenswert, aber auch sehr gut nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass bestimmte soziale Fähigkeiten nur im Umgang mit anderen Kindern zu erlernen sind. So etwa die Fähigkeit unter Gleichrangigen Abmachungen zu treffen, diese einzufordern und sich abzugrenzen. Dieser Faktor ist natürlich nur in der Auswahl der Wohnform und Wohngegend zu beeinflussen, und sollte hier auch berücksichtigt werden.

Aber auch Aspekte der Raumaufteilung können sich massiv auf die Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder auswirken. So haben kleinere Kinder etwa das Bedürfnis, in der Nähe der Eltern zu sein, wenn sie spielen. Im Alter von 1 bis 4 Jahre werden sich die Kinder kaum alleine im Kinderzimmer aufhalten wollen. Gibt es im Gemeinschaftsbereich keine entsprechenden Spielflächen führt dies letztlich zu Konflikten, weil die Kinder dann den Kontakt einfordern, für den jedoch keinen Platz gibt. Akzeptieren die Kinder die Situation dagegen ist die Auswirkung noch schlimmer, weil dies einer Resignation hinsichtlich eines ganz wichtigen Bedürfnisses gleich kommt. Dies kann zu Gefühlen der Hilflosigkeit führen, die eng mit der Entstehung von depressiven Erkrankungen zusammen hängen. Hier sind also nur zwei Situationen kurz angerissen, wo die Wohnsituation deutlichen Einfluss auf die Entwicklung von Kindern nimmt.

Wohnen macht gesund, wenn hier eine geglückte kindliche Entwicklung möglich ist

Gesund ist das, was unserem Körper gut tut

Zu guter Letzt kommen wir zu dem Thema, dass allgemein unter gesundes Wohnen verstanden wird. Hier geht es um das Raumklima, das sich auf unser körperliches Wohlbefinden auswirkt.  Damit runden wir den Themenkomplex des gesunden Wohnens ab und landen wieder bei den natürlichen Voraussetzungen, diesmal jedoch speziell auf die physiologischen Einflüsse bezogen.

Um ein Raumklima herzustellen, das unserem Körper gut tut, brauchen wir eine gute Luftqualität, Wärme in der richtigen Weise und das Freisein von stofflichen Belastungen. Somit beschäftigen wir uns hier mit den richtigen Oberflächen und der richtigen Wärmeverteilung in unserer Wohnung. Eine gute Luftqualität zeichnet sich dadurch aus, dass sowohl die Luftfeuchtigkeit als auch der Luftaustausch stimmt. Eine optimale Luftfeuchtigkeit entsteht, wenn die Oberflächen Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben können. Mit dieser Fähigkeit ist meist auch die Bindung von Schadstoffen aus der Luft verbunden. Daher sind die Oberflächen (Boden, Wände, Decken und Möbel) so wichtig für das Raumklima. Wärme empfinden wir besonders dann als angenehm, wenn sie uns wie die Sonnenstrahlung erreicht. Dies können wir auch im Raum erreichen, wenn wir Flächenheizungen verwenden, also eine Fußboden, oder besser noch eine Wandheizung.

Wohnen macht gesund, wenn unser Körper in seinen Funktionen unterstützt wird

Wohnen macht gesund – was wir wirklich brauchen

So wie der Philosoph Martin Heidegger sagt, ist Wohnen die Art und Weise des Auf der Welt sein. Diese kurze Aussage hat deutliche Konsequenzen für unsere Lebensqualität. Verhindert nämlich die Wohnung wesentliche Bedürfnisse, dann wird unser gesamtes Leben in einem gewissen Sparmodus ablaufen. Wir werden gewisse Dinge nicht realisieren können, weil wir nicht die räumlichen Voraussetzungen dafür haben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir unbedingt Luxuswohnungen  brauchen. Was wir zunächst brauchen ist Wissen darüber, welche Gestaltungfaktoren sich auf unsere Bedürfnisse auswirken.

Anders gesagt brauchen wir eine einfache Struktur um unsere wesentlichen Bedürfnisse zu ordnen und Wissen darüber, wie diese beim Wohnen umgesetzt werden können. Mit der Reihe Wohnen macht Gesund stelle ich Ihnen diese Grundstruktur zur Verfügung. Mit diesem Überblick können wir natürlich nicht alle Aspekte erfassen, die erst in einer konkreten Umsetzung, also in einer individuellen Gestaltung, realisiert werden.

Hier nochmals kurz zusammen gefasst, was wir wirklich brauchen um unsere Gesundheit zu stärken:

  • uns als natürliche Wesen in einer natürlichen Umgebung erleben
  • uns von den Belastungen des Alltags erholen können
  • mit anderen Menschen in Kontakt zu sein
  • Dauerstress zu vermeiden
  • Sicherheit, Schutz und Geborgenheit zu erleben
  • uns als Menschen positiv entwickeln zu können
  • unserem Körper etwas gutes tun

All diese Punkte werden von der Art und Weise des Wohnens beeinflusst, sei es in der direkten Gestaltung der Innenräume, bis zur Konzeption unserer Wohnsiedlungen. Im Wohnbau fehlt das Bewusstsein, dass dies die Ziele des Bauens sind. Um vor allem für die Wohnenden, dieses Wissen zugänglich zu machen, werden in den nächsten Wochen laufend Artikel zum Thema „gesunde Lebensräume“ erscheinen, die auf die sieben Aspekte des gesunden Wohnens eingehen. Sie können aber auch gratis den Mini – Kurs „gesunde Lebensräume“ buchen, und bekommen dann wöchentlich einen Artikel per mail zugesandt.